Ein Dutzend Bürger treffen sich bei Minustemperaturen und Schneefall am Wörther Bahnhof – so kann Bürgerbeteiligung und Demokratie aussehen. Die Stadtratsfraktion SPD/Grüne hatte zum Bürgerspräch an den Bahnhof eingeladen. Vor einer Initiative im Stadtrat wollten sich die vier Stadträte Meinungen und Ideen aus der Bevölkerung einholen.
Eigentlich das Herz der Stadt, aber dennoch verkommen, lautete das einhellig traurige Urteil zum Zustand des Bahnhofsumlands. Christel Kaufer verlas Aussagen des Bürgermeisters aus dem Main-Echo von August 2001, die kaum noch Gelächter, sondern vor allem Verbitterung hervorriefen: Vor über zehn Jahren war ein Modernisierung und das „Ende des muffigen Dohls und des Verfalls des Bahnhofsgeländes“ angekündigt. Die Wirklichkeit: Mitten in der Stadtmitte dominieren Verfall und Trostlosigkeit. Stadtrat Richard Oettinger stellte demgegenüber die neueren Planungen im Rahmen des Konzepts „Freundliche Bahnhöfe“ vor, deren Realisierung aber noch absolut unklar ist. „Nur auf Antrag unserer Fraktion kommen diese Planungen überhaupt wieder in den Stadtrat“, erklärte Oettinger und verwies auf die Tatenlosigkeit des Bürgermeisters.
Jens Marco Scherf, Stadtrat und Dritter Bürgermeister, formulierte zwei Grundsatzfragen, die der Stadtrat zu beantworten habe: Erstens, ob die Umsetzung eines großen Wurfs am Bahnhof angesichts der hohen Verschuldung der Stadt bis 2020 überhaupt realistisch ist oder ob der Bahnhof nicht besser in kleinen Schritten umgestaltet werden muss. „Alternativ muss geprüft werden, ob ein privater Investor für das Bahnhofsgelände nicht ein Weg wäre, um das Herz der Wörther Neustadt wieder zum Schlagen zu bringen“, erklärte Jens Marco Scherf.
Ein weiterer guter kleiner Schritt gelang in der vergangenen Woche, so stellte Stadtrat Erwin Dreher fest. Offensichtlich auf Anregung von Reinhold Spall wurde seitens der Stadt der Weg zur Toilette am Bahnhof gepflastert, so dass die Behindertentoilette nun auch mit dem Rollstuhl erreichbar ist. Mit Bedauern wurde festgestellt, dass die öffentliche Toilette in den Wintermonaten wegen Frosts geschlossen ist.
Weitere Impulse aus der Bevölkerung nahmen die rot-grünen Stadträte mit: Der Grüngürtel zwischen Bahnlinie und Siedlung soll nicht nur erhalten werden, auch für das Bahnhofsgelände wurde eine attraktive Begrünung vorgeschlagen. Und wenn die Anwohner schon einmal die Gelegenheit zum Kontakt mit Stadträten hatten, kam noch eine Problematik zum Gespräch: Die Lärm- und Verkehrsbelastung der Bahnstraße, die in den vergangenen Jahren in Wörth der Landstraße als Hauptdurchgangsstraße den Rang abgelaufen hat. Fraktionsvorsitzender Manfred Siebentritt griff die Forderung aus der Bevölkerung nach Tempo 30 in der Bahnstraße auf: „Wir werden mittelfristig eine Weiterentwicklung des überholten Verkehrskonzepts fordern, kurzfristig bereits jetzt Tempo 30 in der Bahnstraße beantragen, denn sie hat ihren Charakter als Wohnstraße verloren, dient dem Durchgangsverkehr und der Raserei muss ein Ende gesetzt werden!“